Wenn Du nicht öffentlich drüber redest, (be)kümmert's Dich nicht...

Dieses Artikel-Goldstück ist vom 14. April 2022

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Ich habe lange überlegt, ob ich dieses Thema überhaupt ansprechen soll.

Was bestimmte Personen dann über mich denken, was mir danach vorgeworfen wird, wie sehr ich danach von manchen belehrt werde oder ob mir andere vorwerfen, diese oder jene Absicht damit zu haben. 

Letztendlich ist all das im Grunde egal.

Denn meine Devise war es, immer und überall offen und ehrlich meine Meinung zu sagen, wenn ich das Gefühl habe, etwas läuft schief.

 

Und hier läuft etwas gewaltig schief.

 

 

PSSST… DIESEN ARTIKEL KANNST DU DIR VON MIR SOGAR VORLESEN LASSEN:

 

 

Ganz egal also, welche negativen Rückmeldungen ich vielleicht bekommen könnte, ich nehm das in Kauf, solange ein paar von Euch, vielleicht auch Du, sich danach etwas weniger unter Druck gesetzt fühlen und erleichtert aufatmen, weil sie sich nicht mehr so alleine fühlen.

 

Wovon ich rede?

Von der Entwicklung, dass wir alle, als Menschen und unser Charakter, mittlerweile danach beurteilt werden, was wir posten und was nicht. Was wir offen thematisieren und was nicht.

Ich sehe den steigenden Druck, den es auf meine kleine, aber feine Community der Femininjas hat, die sich immer wieder die Frage stellen, wie viel sie auf ihren Social-Media-Kanälen, in ihren Newslettern oder Artikeln, Videos, Podcasts… – im Grunde jedem ihrer Medien – offen ansprechen sollen oder was sie lieber außen vor lassen sollen.

Und ich bin sehr, sehr sicher, es geht nicht nur ihnen so. Sondern vielen. Vielleicht auch Dir.

Gerade in Krisen oder harten Zeiten, von denen wir in den letzten Jahren nun mehrere hatten, wurde dieser Druck immer größer.

Dabei entstanden eine Menge – in meinen Augen sehr unfaire – Aussagen und Stempel, die Menschen aufgedrückt wurden.

 

Vor allem denen, die still geblieben sind.

Als ich im Oktober 2020 die Akademie das erste Mal nach dem Beginn der Corona-Krise wieder öffnete und beschloss, mich voll darauf zu konzentrieren, Frauen, die vielleicht auch durch diese Krise dringend das Gefühl hatten, einen Ausweg aus ihrem Job finden zu müssen, oder neue Wege mithilfe der Selbstständigkeit suchten, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, erreichte mich eine E-Mail, die mich mitten in der Launchphase heftig traf.

Darin wurde mir deutlich vorgeworfen, wie unsensibel ich doch handele, dass ich „einfach so“ mein Programm durchziehe, ohne zu benennen oder zu thematisieren, was gerade in der Welt passiert.

Mir wurde der „im Zweifel für die Angeklagte“-Freibrief mitgereicht, da ich ja im Allgemeinen wie eine sensible Person wirken würde, aber die Aussage darin war deutlich:

Wenn Du nicht offen deklarierst, dass Du diese Krise wahrnimmst, davon emotional betroffen bist, oder klar dazu Stellung nimmst, dass Menschen davon heftig gebeutelt werden – dann bist Du ein herzloser Mensch, der nur an Geld interessiert ist.

 

 

Bis heute macht mich diese Annahme furchtbar wütend.

Und ich muss gestehen, ich bin vor allem wütend auf mich selbst, weil ich mich in einer Antwort umgehend nicht nur erklärte, sondern sogar dafür bedankte, darauf aufmerksam gemacht worden zu sein.

Noch viel schlimmer?

Ich änderte sofort die E-Mail, die ich in meinem laufenden Launch für den nächsten Tag geplant hatte, und erklärte mich darin auch meiner gesamten Liste an Abonnentinnen.

Jede, die schon mal mitten in einem Launch gesteckt hat, weiß, wie empfindlich wir in dieser Zeit sind. Unsere Nerven liegen blank, unsere Selbstzweifel lauern auf jede Gelegenheit, auszubrechen, und wir fragen uns kontinuierlich, ob wir wirklich genug getan haben, genug reingesteckt haben und ganz generell gut genug sind.

Meine Reaktion verbuche ich also generell eher damit, in dieser Zeit leicht angreifbar gewesen zu sein.

 

Heute würde ich anders reagieren. Nämlich gar nicht.

Denn Tatsache ist: Diese E-Mail und ihre Aussage ist kein Einzelfall. Sie ist etwas, das ich immer häufiger sehe, lese und höre.

Weswegen ich Dir heute einen Ratschlag mitgeben möchte, den ich damals gerne bekommen hätte:

Du bist niemandem Rechenschaft schuldig darüber, wie viel, wann oder ob überhaupt Du etwas offen an- oder aussprichst.

Du musst nicht durch Social Media Posts beweisen, dass Du ein guter Mensch bist.

Du musst nicht in Artikeln erklären, wie sehr Dich die aktuelle Situation mitnimmt.

Du musst nicht öffentlich sichtbar für alle Anteilnahme kundtun, nur um nicht von ihnen verurteilt zu werden.

Nur weil Du nichts dazu sagst, heißt das nicht, dass es Dich nicht betroffen macht.

Rasend wütend. Fassungslos. Unendlich traurig. So sehr verzweifeln lässt, dass Du gar nicht weißt, wohin mit all Deinen Gefühlen.

Es bedeutet lediglich, dass Du trotzdem jeden Tag aufstehst, Dir die Haare bürstest, Dich an Deinen Schreibtisch setzt und versuchst, Dein Bestes zu geben.

Die Menschen, deren Vertrauen Du gewonnen hast, denen Du seit Wochen, Monaten oder vielleicht Jahren da draußen bewiesen hast, dass Du Dein Bestes für sie gibst, die werden Dich deswegen, dass Du nicht öffentlich Stellung beziehst, nicht verlassen. 

 

 

Oder weniger von Dir halten.

Mir zum Beispiel ist es tausend Mal lieber, Du postest nichts darüber, statt Deinen Facebook-Feed und Deine Instagram-Stories zu einer Wand voller Mitgefühlsbekundungen und Spendenaufrufe werden zu lassen, einfach nur, weil Du Dich von allen anderen in Deinem Feed dazu unter Druck gesetzt fühlst.

Mir ist es tausend Mal lieber, Du spendest an diese Organisationen still und leise, statt Dich dazu zu zwingen, bei jeder Online-Aktion mitmachen zu müssen, um nicht verurteilt oder kritisiert zu werden, dass Du sie abgelehnt hast.

 

Bitte, versteh das richtig:

Ich sage nicht, Du sollst nichts mehr teilen oder online Deine Meinung kundtun.

Tu, was auch immer Du brauchst, Dir guttut und sich für Dich richtig und wichtig anfühlt. (Alexandra Polunin hat dazu auch einen tollen Artikel geschrieben.)

Aber tu es, eben weil es Deine freie Entscheidung ist. Und nicht aus Angst, dass Menschen schlecht von Dir denken oder weniger von Dir halten.

Diese Entwicklung ist Gift für unsere Gesellschaft und ich habe sie in den letzten Jahren immer mehr an Fahrt aufnehmen sehen. Ob es nun um die Klimakrise, Covid, Black Lives Matter, Flüchtlinge oder die Ukraine geht.

Wir alle müssen wieder zur Erkenntnis zurückfinden, dass – nur weil wir nichts darüber auf unseren Social-Media-Kanälen, in Videos, in Artikeln, in Podcasts oder sogar im realen Leben in  Gesprächen sagen oder thematisieren wollen – es nicht bedeutet, dass es uns egal ist, was passiert. In vielen Fällen ist es genau umgekehrt.

 

Wir wissen nie, was hinter den Kulissen passiert.

Vielleicht gehen sie auf jede Demo, die in 200 km Entfernung zu finden ist. Vielleicht arbeiten sie ehrenamtlich in ihrer Stadt mit Flüchtlingen. Vielleicht spenden sie jedes Jahr 10% all ihrer Einnahmen an wohltätige Organisationen. Vielleicht sind sie in eine Depression gerauscht. Vielleicht haben sie einen lieben Menschen an Covid verloren.

Vielleicht ist ihre Entscheidung, nichts von all dem zu thematisieren, einfach ihre Entscheidung, über nichts davon reden zu wollen.

Niemand von uns weiß wirklich, was im Leben anderer Menschen vor sich geht.

Also wie wäre es, wenn wir einfach aufhören, nur darüber zu urteilen, was wir von außen sehen?

Und im Zweifel einfach mal das Beste annehmen.

 

Artikel zu teilen, ist das Trinkgeld für Autoren. Gibst Du mir eins?

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